Wie oft habt ihr Euch in den letzten Wochen und Tagen virtuell mit Kollegen/-innen, Freunden/-innen und Kunden/-innen getroffen? Ich habe mich noch nie in so kurzer Zeit so viele Male online verabredet, um Besprechungen zu halten, Webinare zu üben oder mich auszutauschen.
Als interkulturelle Trainerin und begeisterte Kulturexpertin, beschäftigt mich in den letzten Tagen die Frage nach einer Online Netiquette, besonders wenn eine interkulturelle Gruppe im Online Format zusammenkommt. Wie kann ich mich auf Webinar Gespräche, Telefonkonferenzen und Besprechungen folglich mit internationalen Kollegen*innen und Kunden vorbereiten?
Hier sind meine persönlichen 5 TOP Tipps für Euch:
Schau Dir vorher an, mit wem Du sprichst. Welche Kulturen (und damit sind auch Unternehmens- und Abteilungskulturen, Arbeitskulturen gemeint) sind in dem Gespräch anwesend? Welche Positionen sind vertreten (etwa Mitarbeiter*in, Führungskräfte, Abteilungsleiter*in)? Gibt es mehrere Personen aus demselben Unternehmen und wer ist ranghöchste*r? Dies ist vor allem wichtig bei hierarchischen Kulturen wie beispielsweise China, Indien, Saudi-Arabien, um nicht die falsche Person anzusprechen.
In einigen Ländern werden Vornamen und Nachnamen nicht von links nach rechts gelesen, sondern andersherum. Beispielsweise ist der chinesische Name „Zhang Wengqiang“ Herr Zhang und nicht Herr Wengqiang. Auch hier lohnt es sich, vorher über die Kultur zu informieren.
Kopfnicken, erhobener Daumen, Hand heben: In der eigenen Kultur werden Gesten eindeutig erkannt. Aber wie sieht es beispielsweise mit dem Fingerkreis aus? In Deutschland würde dies als „super“, okay“, „großartig“ gelten; in Frankreich, Belgien oder Tunesien könnte man die Geste auch als Beleidigung auffassen, nämlich als „Null“ oder „Versager*in“.
Ein paar Worte zum Thema negative Äußerungen und Kritik. Nicht nur, dass ein*e US-Amerikaner*in auf die Frage „How are you“? keine ausführliche Antwort erwartet, sondern dies als Floskel ansieht, würde es einige Kulturkreise in Verlegenheit bringen über negative Gefühle zu sprechen. Menschen, die an direkte Kommunikation gewöhnt sind (Deutsche Kultur), geben Anweisungen oder Informationen eher explizit und deutlich weiter. Es wird erwartet, klare Positionen zu beziehen und offen sowohl Kritik als auch Zustimmung zu äußern, selbst wenn man dadurch eine soziale Konfrontation riskiert. Konflikte werden sogar als nützlich angesehen, wenn sie zu mehr Wahrheit und Klarheit führen. Mitglieder von Kulturen, die indirekt kommunizieren (z.B. französische Kultur im Vergleich zur deutschen Kultur), geben Botschaften eher verschlüsselt und implizit weiter. Direkte Stellungnahmen werden vermieden, vor allem aus dem Bedürfnis heraus, andere nicht anzugreifen und die soziale Harmonie zu wahren.
Wer mit unterschiedlichen Kulturkreisen zu tun hat, tut gut daran, sich selbst zu beobachten. Wie reagierst Du und warum? Was führt zu Unverständnis bei Dir? Interkulturelle Situationen sind auch deshalb oft Ursprung von Missverständnissen, weil wir davon ausgehen, die Welt ist nur „normal“ so wie wir sie kennen. Ich rate hier zu Perspektivwechsel und zu Neugierde. Übung macht den Meister!
Mehr zu dem Thema gibt es am 5. Mai von 10:00 bis 11:30 Uhr in meinem Webinar „Interkulturelle Herausforderungen im virtuellen Kontext“. Für die Anmeldung schicke mir eine E-Mail mit dem Datum und Namen des Webinars an office@annakauert.de. Preis: 15 € pro Person (per Rechnung).